Biografie
Raha Faridi (geb. 1980 in Teheran) ist eine experimentelle Künstlerin, unabhängige Filmemacherin, Radioproduzentin, Musikexpertin und Geschichtenerzählerin. Seit dem Jahr 2000 produziert sie als Einzelkünstlerin audio-visuelle Werke, in denen siesich mit einer Vielzahl von Themen beschäftigt, darunter Anthropologie, Musik, Geschlechtergleichstellung, Umwelt, Kunst und Kultur. Mehr als acht Jahre lang arbeitete sie als freiberufliche Journalistin, Radioproduzentin und Musikexpertin mit BBC World Service zusammen. Sie produzierte mehr als hundert Radiobeiträge zur ungehörten Underground-Musikszene im Iran, worin sie einige heute bekannte iranische Künstler*innen zum ersten Mal interviewt und vorgestellt hat.
Ihre exklusive BBC-Serie über HIV/Aids im Iran wurde von der Nelson Mandela Foundation besprochen. 2004 arbeitete Faridi mit Ramin Jahanbagloo zusammen und produzierte eine Reihe von mehr als siebzig Radio-Podiumsdiskussionen mit namhaften iranischen Intellektuellen, um über die iranische Gesellschaft und Kultur zu diskutieren. Außerdem arbeitete sie als Kolumnistin mit Tehran Avenue (dem ersten unabhängigen Online-Magazin im Iran) zusammen. Es folgte eine Zusammenarbeit bei der Veranstaltung von Underground-Musik- und urbanen Filmfestivals. Im Jahr 2006 produzierte sie in Beirut eine Radioserie mit dem Titel Iraq 360 Degree über Künstler*innen, die sich mit dem Irak-Krieg auseinandersetzen.
2009 reiste Faridi mit einer Kamera und einem Tonaufnahmegerät im Rucksack durch den Iran und dokumentierte Einheimische auf der Suche nach Musik und Lebensgeschichten. Das Ergebnis waren mehrere experimentelle Dokumentarfilme, ein Album mit folkloristischer Musik und ihr letzter ethnografischer Dokumentarfilm Chicheka Lullaby, der einen Wendepunkt in ihrer Karriere darstellte. Der Film dokumentiert eine Mischung aus traditioneller Musik und zeitgenössischer Fusion und gewährt Einblicke in die Kultur und den Lebensstil im Süden des Iran. Das Projekt wurde 2014 durch eine erfolgreiche Kickstarter-Kampagne über Crowdfunding finanziert. Nach jahrelangen Verboten und Einschränkungen wurde Chicheka Lullaby 2018 endlich im ganzen Iran und auf Festivals weltweit gezeigt.
Faridi musste den Iran plötzlich verlassen, nachdem fünfzehn IRGC-Offiziere (Geheimdienstorganisation des Korps der Islamischen Revolutionsgarden) ihre Wohnung stürmten und ihre Festplatten, ihr Handy und ihren Laptop mitnahmen, ihre Vorführungen verboten und sie monatelang verhörten. Schließlich wurde sie in einem Prozess vor drei Gerichten zu einem Jahr und 90 Tagen Gefängnis verurteilt, weil sie den Staatsführer beleidigt und regimefeindliche Propaganda verbreitet haben soll.
Kategorien / Forschungsfelder
Künstlerinnen-Statement
Ich bin immer mit leichtem Gepäck unterwegs. Um meine Geschichten zu erzählen, verwende ich einfache und tragbare Geräte und stelle viele meiner Arbeiten, Filme und Musikaufnahmen kostenlos im Internet unter einer Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung. In meiner interdisziplinären Arbeit verarbeite ich urbane und intellektuelle Themen auf ernste und doch spielerische Weise.